Fritz Theilmann
Fritz Theilmann 1926
Photographie von Otto Kurt Vogelsang
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Fritz Theilmann wurde am 28. 12. 1902 in Karlsruhe geboren. Seine Eltern stammten aus dem Kraichgau-Flecken Kieselbronn, sein Großvater war Kabinettmeister in der Pforzheimer Schmuckindustrie. Er selbst wollte zunächst Architekt werden, wechselte aber 1921 aus einem Karlsruher Baubüro zum Bildhauerstudium an die Akademie. Den Lebensunterhalt verdiente er sich an der Staatlichen Majolika-Manufaktur. Der erste Versuch einer Reise nach Indien führte ihn 1923/24 immerhin schon bis Ägypten. Zurück in Karlsruhe, wurde er Meisterschüler von Prof. Schreyögg.

1902



1921


1923/24
Pferdetor
Pferdetor zur Magdeburger Theaterausstellung 1927. Großplastiken in Klinkerkeramik auf 6m hohen Pfeilern (Entwurf: Albinmüller), Kieler Kunstkeramik
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Windgott
“Geflügelter Windgott”
Klinker, 1928; Kiel
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1925-29 begann Theilmann seine berufliche Laufbahn bei der “Kieler Kunstkeramik AG” (KKK), einer von Karlsruher Majolikern geprägten Klinker-Manufaktur, als Bildhauer, Techniker und Leiter der baukeramischen Abteilung. In diesen Jahren des heute hochgehandelten “Kieler Klinker- Expressionismus” mit Stilzügen des Art déco entstanden über 50 eigene bau- und freiplastische sowie etliche kleinkeramische Arbeiten. Aber Indien lockte noch immer. Nach Vagabondagen durch den Vorderen Orient und Feldforschungen mit Archäologen in Persien erreichte Theilmann 1930 seine Wunschziele Bombay, Benares, Madura. Ein Studienjahr in Paris schloss sich an.

Link öffnet neues Fenster Übersicht über Kleinkeramik-Arbeiten von Fritz Theilmann in Schleswig-Holsteiner Museen.
Link öffnet neues Fenster Die Kieler Kunst-Keramik AG und ihre Zeit, Semesterarbeit als Flash-Präsentation von Pirka Grönwaldt in Zusammenarbeit mit F. Ochsen.

1925







1930
Pferdetor
“Giesche”-Geschirr der Prozellanfabrik Giesche AG Kattowitz, 1940.
Aus den Modellen für ein nicht mehr realisiertes Service
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1932 folgte er einem Ruf an die Staatliche Keramische Fachschule (später Meisterschule) in Bunzlau. Der Baukeramiker fand sich in eine Traditionslandschaft der Gefäßkeramik versetzt. Als erstes suchte er den braunen Scherben der schlesischen Töpferei mit Mal- und Glasurtechniken seiner süddeutschen Heimat und einem markanten Design wieder konkurrenzfähig zu machen; die Gründung der Arbeitsgemeinschaft “Bunzlauer Braunzeug” (1936) war der zweite Schritt. 1936 erhielt Theilmann für sein bildhauerisches Werk, darunter die Bronzefigur “Prometheus” in der Stuttgarter Villa Berg, den Kunstpreis der Stadt Breslau. Neben der Geschäftsführung des “Kunstvereins Schlesien” (1937-42) übernahm der Bunzlauer Professor 1940 noch die Leitung des Landesamtes für Handwerkspflege und industrielle Formgebung der Provinz Niederschlesien.









1932






1936
Morituri Salutant
“Morituri salutant”
Fayence-Relief, 1970
Atelier Kieselbronn
Foto: Günter Beck
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Die Mitte seines Lebens verbrachte Theilmann in Russland, seit 1942 als Soldat, 1945-49 als Kriegsgefangener. Dem Spätheimkehrer wurden die Erlebnisse dieser sieben Jahre zum dominierenden gestalterischen Thema: “Mein Hauptanliegen, meine Unruhe kreist um die ausgelieferte, geschundene Kreatur.” Ort seiner Heimkehr war Kieselbronn, wo er früh ein Stück Land erworben hatte und wo - dem Brotberuf als Schmuckmodelleur in Pforzheim abgerungen - mit der Zeit die Bildhauer-Werkstatt heran wuchs. Seit 1959 arbeitete Theilmann als freischaffender Künstler, der bundesweit öffentliche Räume für die Gegenständlichkeit seiner Ausdruckshaltung vor allem im Mahnmal gegen Krieg und Unfreiheit fand. 1961 erhielt er den Friedlandpreis für die Skulptur “Denen, die wehrlos sterben”.

Link öffnet neues Fenster Mahnmale in Witten.
Link öffnet neues Fenster “Fries der heimkehrenden Gefangenen” in der Heimkehrer-Dankeskirche in Bochum Weitmar.
Link öffnet neues Fenster “Plennie kniend”. Denkmal zur Erinnerung an das Lager Moschendorf



1942



1949


1959
Morituri Salutant
“Schlossfräulein-Brunnen”
Ausschnitt: Bronzeschale, Mosaikbecken, 1980
Rathausvorplatz Kieselbronn
Foto: Dieter Eisenmann, 2010
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Obwohl in besonderem Maße von der künstlerischen Herausforderung der Bauplastik fasziniert, hat Theilmann sich die und den unterschiedlichsten Aufgaben gestellt. Ein gut abgelagertes Stück Eiche oder Birnbaum war ihm noch stets Anreiz zur Bildfindung, der Metallguss, die Bronze eine immer neue Gestaltungsverlockung, die feinkeramische Glasur ein artifizielles Abenteuer. Theilmann verstand sich auf die Elfenbeinschnitzerei, beherrschte Kunst und Technik des Gold- und Silberschmieds, hat von der spröden Schieferplatte bis zum körnigen Diabas alle möglichen Natursteine bearbeitet, mit Sgraffiti, Mosaiken oder schmiedeeisernen Gebilden dem Fernblick große Wandflächen akzentuiert.






 
Theilmann Atelier
Blick ins Atelier
Foto: Daniel Weisser, 2009
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Im 88. Lebensjahr blickte Theilmann zurück auf ein Gesamtwerk von fast 600 Arbeiten: “Auch das schöpferische Beharren auf dem völlig unproblematischen, wesentlichen Kern kann zu bestimmten Zeiten eine Provokation sein.”
Am 7. 8. 1991 starb er.












1991